»Ich bin ein halber Russe«
Henry von Heiseler (1875‒1925) und seine russische Teilidentität
Autor/Hrsg.: Tamcke, Martin
Erscheinungsjahr: 2020
ISBN: 978-3-8469-0277-6
Seiten: 204, mit einer Abbildung s/w
Ausstattung: Paperback
Henry von Heiseler wurde in Russland geboren. Er las russische Autoren, liebte das russische Theater, bevorzugte St. Petersburg vor Berlin, war russischer Staatsbürger und Offizier. Aber er war mit einer deutschen Frau verheiratet, stammte aus baltendeutscher lutherischer Tradition und hatte Sprachkenntnisse, die ihn als Übersetzer begehrt machten. In Russland faszinierte ihn der Religionsphilosoph Iwanow, in Deutschland der Dichter Stefan George, zu dessen Kreis er gehörte. Heiseler führte ein Leben mit zwei Polen, einem östlichen und einem westlichen, er hoffte darauf die Grenzzäune und -mauern hinter sich zu lassen. Diese Untersuchung zu Henry von Heiseler am Grenzrain von Literatur und Theologie möchte an alte Wurzeln des Deutschrussischen erinnern und sie erhalten helfen.
»Hier geht es mir um die Russlanderfahrung eines Menschen, für den diese Erfahrung so konstitutiv war, dass dieser Mensch nicht in die engen Vorstellungen passt, die Nationalisten etwa den Menschen aufnötigen. Das Buch soll einladen, einem historischen Beispiel zu folgen, das eben nicht hier West und da Ost sieht, sondern das ›Westöstliche‹ wenigstens im lesenden Mitgehen ein Stück erfahrbar machen möchte.« Martin Tamcke über sein Buch, und zu seinen eigenen Erfahrungen: »An russischen Universitäten lehren zu dürfen, in russisch-orthodoxen Kirchen predigen zu dürfen, russische Kollegen in großer Zahl bei mir an meiner Universität als Gastwissenschaftler beherbergen zu dürfen: das alles stellt sich mir in den Weg, wenn kurzatmige Strategien die Brücken zerstören wollen und Russen sich als anders als die Europäer verstehen und Europäer die Russen nicht als Europäer.«