Rezension
Germanistik. Internationales Referatenorgan mit bibliographischen Hinweisen, Heft 61 3–4
Der Verf. der vorliegenden Monographie (zugl. Univ. München, Diss., 2018) kündigt an, eine Konzeption ethischer Bildung vorzustellen, die auf das Ausbilden von Wertereflexionskompetenz im Deutschunterricht zielt (15). Zunächst wird hierfür verdeutlicht, was schulische Werteerziehung leisten kann und wie sie sich von Normerziehung unterscheidet (59). Auf einschlägige Wertebildungstheorien zurückgreifend, wird der idealtypische Prozess von Werteentstehung modelliert (103 ff.); zudem werden grundlegende Einsichten zur Genese von Werturteilen (106 ff.) sowie vorliegende pädagogische und didaktische Konzepte der Werteerziehung referiert (121 ff.). Seinen auf Literaturbegegnung fokussierenden Ansatz begründet der Verf. u. a. damit, dass ästhetische Medien Wertebildungsprozesse besonders wirksam stimulierten und dass die Erzählung wie das Erzählen besondere Potenziale für eine Wertebildung aufwiesen (149 ff.). Erst zum Ende des Bandes stellt der Verf. sein Modell von Wertreflexionskompetenz in der Literaturbegegnung vor, das auf einem basalen Level u. a. vorsieht, Werteinstellungen von lesernahen Figuren zu erkennen, und auf dem elaboriertesten Level u. a., komplexe Verhältnisse zwischen Dargestelltem und Gemeintem wahrnehmen zu können. Der Verf. weist darauf hin, dass eine Prüfung des Modells im Hinblick auf seinen pragmatischen Nutzen für die Auswahl von Unterrichtsgegenständen und die Unterrichtsplanung aussteht (270). Im Ganzen besteht zwischen der Darlegung der Bezugstheorien und der Darlegung der eigenen Modellierung m. E. ein Missverhältnis. — Letztere erscheint sehr knapp.
Daniel Schert