Rezension
Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 108/2010
Der Vf., methodistischer Pfarrer und Kirchenhistoriker, legt ein Ergebnis langjähriger Studien vor; er beschreibt die Entwicklung der methodistischen Gemeinden Hamburgs im 19. Jahrhundert. Zwei unterschiedliche Wurzeln haben die Gemeinden geprägt: die bischöfliche Methodistenkirche und die Evangelische Gemeinschaft, beide Gemeindeformen haben aber ihre Wurzeln in den Vereinigten Staaten und den Erfahrungen der »Reiter-Missionare« im neuen Kontinent. Die bischöfliche Methodistenkirche, die strukturell stärker der methodistischen Kirche im anglikanisch geprägten Großbritannien verpflichtet war, entsandte 1850 erstmals einen Schriftenkolporteur und im folgenden Jahr 1851 den Prediger C. H. Doering, der zuvor in Bremen tätig gewesen war. Voigt betont dabei, dass sich die Methodisten im Unterschied zu anderen Gruppen und Freikirchen nicht als Konkurrenz zur etablierten lutherischen Landeskirche, sondern als missionarisch-erweckliche Ergänzung verstanden, um Menschen zu Christus zu führen. 1887 kamen dann Prediger der »Evangelischen Gemeinschaft« nach Hamburg, eine methodistische Gruppe, die von Rückwanderern aus den USA in Württemberg gegründet worden war und die pietistische Traditionen nun nach Norddeutschland brachten. Voigt schildert den mühsamen Aufbau eigener kirchlicher Strukturen, die Suche nach Kapellenräumen, die Einrichtung einer Diakonissenstation und daran anschließend eines Krankenhauses. Das Buch lohnt die Lektüre nicht nur für Leser, die an der Geschichte der methodistischen Kirche interessiert sind, sondern für alle, die am Wandel kirchlicher Handlungsformen im 19. Jahrhundert interessiert sind: Der Vf. schildert die vielfältigen methodistischen missionarischen und diakonischen Strategien immer vor dem Hintergrund der sich verändernden Handlungsmöglichkeiten, die die etablierten Landeskirchen im 19. Jahrhundert besaßen; dabei beschränkt er sich nicht auf die Großstadt Hamburg, sondern weist auch auf die kirchlich anderen Verhältnisse in Bremen und in den stärker ländlich geprägten Landeskirchen hin. Deutlich werden die Probleme der zweiten und dritten Generation, deren Missionsaktivitäten nicht mehr allein vom Schwung des Anfangs und der ersten individuellen persönlichen Entscheidung getragen wurden, sondern stärker von der Rücksichtnahme auf familiäre Traditionen geprägt waren. Durchgehend zu erkennen ist der ökumenische Ansatz des Vf.s; ob dieser Ansatz auch schon die erste Generation der Missionare bestimmte, kann gleichwohl noch gefragt werden. Den Schluss des Buchs bilden vollständige Register (Personen, Sachen, Orte), so dass dieses Buch auch als Nachschlagwerk für großstädtische Missionsstrategien des 19. Jahrhunderts genutzt werden kann.