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Rezension

Liturgisches Jahrbuch 61 (2011)

Die hier vorzustellende Taufagende ist aus jenen lutherischen Kirchen in Deutschland erwachsen, die sich seinerzeit weder als Unionskirchen gebunden fühlten, noch einem Zusammenschluss in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) zustimmen konnten. Aus Sorge, diese Verbindungen blieben nicht genügend konfessionell bestimmt, haben sie sich als Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) etabliert und – im Sinne einer betont konservativ gefärbten Lutherrezeption - an traditionellen Formen des lutherischen Gottesdienstes festgehalten.
Das gilt auch für die hier vorliegende Agende. Sie bietet im Wesentlichen vier Feierformulare. Neben der Grundgestalt der Taufe von Kindern (an erster Stelle die Taufe eines Kindes, dann das Formular für die Taufe mehrerer Kinder), der Taufe in Lebensgefahr (»Jähtaufe«) und der Bestätigung der Nottaufe findet vor allem die »Taufe eines Erwachsenen oder eines älteren Kindes« Beachtung, das sich mit den fakultativen Riten für die Aufnahme in den Katechumenat (mit Übergabe der Heiligen Schrift, des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers) und der Vorstellung vor der Gemeinde (es ist auch eine Verbindung beider Riten möglich) an der frühkirchlichen Initiationspraxis orientiert. Demgegenüber fällt allerdings ins Auge, dass die Feier der Taufe keinerlei Hinweis auf die volle Eingliederung durch die Teilhabe an der Eucharistie enthält. Zwar sprechen die Vorbemerkungen zur Einfügung der Erwachsenentaufe in den Gemeindegottesdienst einmal am Rande von der Abendmahlsliturgie (61), von der Teilnahme des/der Neugetauften an der Eucharistie als Höhepunkt christlicher Initiation ist nicht die Rede.
Die Grundgestalt der Tauffeier selbst, in der Regel eingefügt in den (sonntäglichen) Gemeindegottesdienst, ist stark von der in Luthers Taufbüchlein (1623/26) begründeten reformatorischen Taufliturgie bestimmt. Zu nennen sind etwa exorzistische Elemente (fakultativ vor der Bezeichnung mit dem Kreuz), das Kinderevangelium (Mk 10,13–16), das sogenannte »Sintflutgebet« als anamnetisch-epikletisches Sakramentengebet (allerdings bedauerlicherweise ersetzbar durch eine »Betrachtung zum Taufwasser«!), Absage und Glaubensbekenntnis der Eltern und Paten »an Stelle des Kindes«, Namenserfragung unmittelbar vor dem Wasserritus und Taufgewand (»Westerhemd«). Ergänzend tritt die Entzündung der Taufkerze an der Osterkerze hinzu. Abgeschlossen wird die Tauffeier mit der Segnung der Mutter oder der Familie, für die ebenso eigene Texte angeboten werden wie für eine Vermahnung der Eltern und Paten anstelle der Taufpredigt.
Hervorzuheben ist der Hinweis auf die unterschiedlichen Feierorte im Kirchenraum, die die Taufliturgie gliedern und »durchschaubarer« machen (Eingangsbereich, Sitzplatz der Familie, Taufstein). Auch die Bedeutung der zeichenhaften Elemente wird erfreulicherweise unterstrichen. So soll etwa das Taufwasser »reichlich verwendet werden« (13), und die Osterkerze ist als »Zeichen der Verbindung zwischen Christi Tod und Auferstehung und unserem Sterben und neuen Leben« (14) ein wesentliches Symbol bei allen Taufen. Ausgesprochen positiv zu kennzeichnen ist auch der Versuch, mit dem Katechumenat und dem Formular der Erwachsenentaufe auf die gewandelte pastorale Situation zu reagieren und einer entsprechend ange-passten Initiationspraxis Geltung zu verschaffen. Demgegenüber bleiben aus römisch-katholischer Sicht auch Wünsche. Man denke etwa an eine profiliertere Ausformung des Katechumenats und eine umfassende Initiationsliturgie bei der Eingliederung von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern im Schulalter. Ähnlich könnte die Vollgestalt der Initiation aufscheinen, wenn bei der Säuglingstaufe die weiteren Schritte der Eingliederung (confirmatio – eucharistia) anklängen und die Feier bewusst am Altar schlösse.
Gleichwohl eine bemerkenswerte reformatorische Taufordnung, die sich betont ihrer Tradition verpflichtet weiß und diese vorsichtig weiterzuschreiben versucht.
Jürgen Bärsch

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Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche, Kirchenleitung/Voigt, Hans-Jörg

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