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Rezension

Pietismus und Neuzeit, Band 34 (2008)

Als promovierter Theologe und 2005 gewählter Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) kennt Patrick Philipp Streiff die praktischen Notwendigkeiten des Glaubensalltags, und dazu gehört auch die Vermittlung von Wissen um die Geschichte des Methodismus, die interessierten Laien nahe gebracht werden soll. […]

Abgesehen von der Zielgruppe der Studierenden der europäischen Geschichte, deren Wissensdurst über die Wechselbeziehungen zwischen Politik, Gesellschaft und Religion angeregt, doch keineswegs gestillt wird, bemüht sich der Autor auf 339 Seiten um eine allgemeinverständliche Aufbereitung des per se komplexen Themenbereiches. Unbelastet von umfangreichen, gründlichen Quellenanalysen, intensiver Forschungsdiskussion oder Einbeziehung der historischen Kontexte möchte Streiff eine »Überblicksdarstellung« liefern (11), die seiner Meinung nach auf Belege und thematische Distanz verzichten kann. Er liefert eine Fülle von Fakten zur Genese und zu den internen Strukturen der methodistischen Gruppierungen im spätneuzeitlichen Europa. […]

Dem eigentlichen Thema seiner Darstellung wendet sich Streiff ab Seite 41 zu. Zu Recht verweist er darauf, dass die US-amerikanischen Methodisten auch Glaubensarbeit in den nordamerikanischen Territorien und späteren US-Staaten als »Mission« bezeichneten. Hier verzichtet er auf eine Beschreibung der Leistungen, die etwa Isaac Owen, William Taylor, Charles Maclay oder Thomas Briggs in Kalifornien seit 1850 vollbrachten. Auch zieht er nicht die Parallele zu anderen religiösen Gemeinschaften, die zur gleichen Zeit genau das Gleiche taten, wie etwa die Mormonen in Kalifornien oder auf Hawaii. Ohne kritische Reflexion übernimmt er den religionsinternen Sprachgebrauch, indem er den Begriff »Mission« auch auf die methodistischen Aktivitäten in Kontinentaleuropa überträgt und nicht intensiv die Motive erfasst und diskutiert, die dazu geführt haben könnten, dass Briten und US-Amerikaner sich seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert berechtigt fühlten, traditionell christlich geprägte Länder Europas wie Irland, Frankreich, Wales oder Schottland im Sinne des Methodismus »missionieren« zu können. […]

Anders als in seinem gelungenen Essay Der Methodismus bis 1784/1791 im zweiten Band: Der Pietismus im achtzehnten Jahrhundert der von Martin Brecht und Klaus Deppermann herausgegebenen monumentalen »Geschichte des Pietismus« (Göttingen 1995, 617-665) hält sich Streiff nicht mit tiefgründigen Analysen der Motive, Hintergründe, Probleme und Konsequenzen der methodistischen Initiativen in den europäischen Staaten auf, deren Entwicklung und politische Konstellationen kaum Konturen gewinnen. Seine Äußerungen über die internen Zustände und internationalen Beziehungen der europäischen Staaten wie auch über die USA bleiben oftmals vage und zeigen klar, dass allgemeinhistorische Einbettung keinen selbstverständlichen Teil kirchenhistorischer Publikationen bildet. Streiff beschreibt aus der Binnensicht der methodistischen Kirche eine Erfolgsgeschichte des Methodismus; er bietet eine Fülle von Informationen über die Organisation der methodistischen Kirche und die Realitäten des Missionarslebens und trägt damit Wertvolles zum Verständnis des Methodismus bei.

 
Claudia Schnurmann (Auszug)

Rezensierter Titel:

Umschlagbild: Der Methodismus in Europa im 19. und 20. Jahrhundert

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Der Methodismus in Europa im 19. und 20. Jahrhundert

Streiff, Patrick Philipp