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Rezension

Historische Zeitschrift, Bd. 287 (2008)

Die pagane Kultur der Spätantike, speziell in den westlichen Provinzen des Römischen Reiches, ist in den letzten Jahren wieder vermehrt den Fokus der altertumswissenschaftlichen Forschung gerückt. Wichtige Tendenzen, die sich in vielen der neueren Untersuchungen abzeichnen, sind die weitgehende Loslösung vom Paradigma der »Dekadenz« sowie eine zunehmende Zurückhaltung bei der Identifikation von »Kontinuitäten«. So wird verstärkt reflektiert, dass viele traditionell anmutende Phänomene auf Grund der Veränderung des Gesamtkontextes neue Bedeutungen erhalten und sich dieser Prozess nicht schlicht in den Kategorien »Kontinuität« oder »Wandel« fassen lässt.

Der vorliegende Sammelband gibt einen Einblick in die aktuelle Forschung zu der Thematik. Im Unterschied zu vielen anderen Bänden berücksichtigt er nicht allein die literarische Produktion, sondern auch archäologische Zeugnisse. Die einzelnen Beiträge sind in ihrer Konzeption sehr unterschiedlich. Einige Aufsätze haben eher Überblickscharakter, indem sie entweder den größeren historischen Zusammenhang beleuchten oder eine literarische Gattung bzw. eine Kunstgattung untersuchen. Hier sind etwa zu nennen Richard Klein, »Die dritte Relatio des Symmachus. Ein denkwürdiges Zeugnis des untergehenden Heidentums« oder Peter Kranz, »Vom Kunstwert der Götzenbilder. Idealplastik in der Spätantike«. Klein, der ein Sujet wieder aufgreift, mit dem er sich bereits früher eingehend beschäftigt hat, würdigt nun besonders die tolerante Haltung, in der Symmachus für die Bewahrung römischer Traditionen plädiert. Kranz zeigt, dass in der Großplastik der zweiten Hälfte des 4. Jh.s keineswegs bloß ältere Motive wieder aufgegriffen werden, sondern dass eine kreative Auseinadersetzung mit der Vergangenheit stattfindet, in der neue Ausdrucksformen herausgebildet werden.

Andere Beiträge leisten Interpretationen zu einzelnen Texten. So arbeitet beispielsweise Petra Fleischmann (»Die praefatio zum Aeneiskommentar des Servius und die Tradition der Auslegung«) heraus, wie es Servius gelingt, ein Bild des Aeneas zu zeichnen, das durch traditionell römische Werte gekennzeichnet ist, und damit in subtiler Weise auf die christliche Aeneaskritik zu reagieren. Ulrich Schmitzer demonstriert in seinem Aufsatz, »Amor in der Unterwelt. Zu Ausonius' Gedicht Cupido Cruciatus"«, wie Ausonius auf der Basis klassischer literarischer Motive aus dem Bereich des Mythos zu neuartigen Aussagen gelangt, und geht dabei auch auf die komplexe Frage nach der religiöse Haltung des Ausonius ein.

Die Untersuchungen zeichnen sich sachlich und methodisch durch große Vielschichtigkeit aus, wie es auch der Titel des Bandes ankündigt. Sie orientieren sich nicht explizit an konkreten Leitfragen, was zur Folge hat, dass der Band recht heterogen ausgefallen ist. Das tut ihm aber keinen Abbruch: Es handelt sich eben um Einzelstudien, nicht um eine systematische Behandlung des Themas »Pagane Kultur in der Spätantike«.                                  

Karen Piepenbrink

Rezensierter Titel:

Umschlagbild: Suus cuique mos

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Suus cuique mos

Beiträge zur paganen Kultur des lateinischen Westens im 4. Jahrhundert n. Chr.
Schmitzer, Ulrich

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